Genossenschaften brauchen Verlässlichkeit

„Von einem Tag auf den anderen wurden Anträge nicht mehr bearbeitet, so kann man das nicht machen. Genossenschaften brauchen Verlässlichkeit.“ Das betonte Christian Stupka von der GIMA München eG auf einer Veranstaltung in der Black Box im Gasteig, die Mitte Dezember zum Stopp des KfW-Förderprogramms 134 stattfand.

Die Black Box war gut gefüllt, knapp 200 Genossenschaftsmitglieder, darunter viele von wagnis, hatten sich trotz vorweihnachtlicher Terminfülle eingefunden. In der GIMA (Genossenschaftliche Immobilienagentur München eG) haben sich 36 Münchner Wohnungsunternehmen zusammengeschlossen, auch wagnis gehört dazu. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat die Bundesregierung eine Haushaltssperre erlassen, in der Folge wurde das Programm 134 der KfW gestoppt. Dieses Programm war ins Leben gerufen worden, um genossenschaftlichen Wohnungsbau zu unterstützen und damit einen adäquaten Ausgleich zur Eigenheimförderung zu schaffen. Wer Eigenmittel zur Zeichnung von genossenschaftlichen Anteilen aufbringen musste, konnte bei der KfW-Bank dazu ein Darlehen über 100.000 Euro aufnehmen, erhielt einen Tilgungszuschuss von 7,5 Prozent und dazu einen günstigen Zinssatz. „Viele haben sich darauf verlassen“, sagte Stupka.

GIMA-Vorstand Thomas Schimmel unterstrich, dass diese Einsparungsmaßnahme gerade die Ballungsräume treffen würde. Wer sich in München ein Eigenheim leisten könne, sei nicht zwingend auf die staatliche Förderung für Eigentum angewiesen. Er kritisierte, dass die Eigentumsförderung nicht angetastet worden sei. Seine GIMA-Vorstandskollegin Ariane Groß stellte die Eckpfeiler im Finanzierungskonzept der Genossenschaften vor. Der KfW-Kredit 134 sei wichtig, damit die jungen Genossenschaften eine Eigenkapitalbasis schaffen könnten. Sie müssten mindestens 20 Prozent Eigenkapital vorweisen, um eine Finanzierung von den Banken zu bekommen. Dazu kämen weitere Förderkredite. Eine entscheidende Rolle habe dabei das KfW-Programm 298 gespielt. Vor zwei Wochen sei die Meldung gekommen, dass dieses Programm nur noch für dieses Jahr gesichert sei. Mit 150.000 Euro pro Wohneinheit sei es ein wesentlicher Baustein in der Finanzierung.

Groß listete auf, dass rund 500 Wohneinheiten in München und Umland vom Wegfall der Förderprogramme betroffen seien.  Darüber hinaus stünden Ausschreibungen mit mehr als 500 Genossenschaftswohnungen bevor. „Wir müssen auf allen Ebenen alle Kräfte sammeln, die Mitglieder gehen ins Risiko für die gesamte Laufzeit des Projekts, das muss mit einer Verlässlichkeit belohnt werden“, forderte Groß.

Im Rahmen einer Podiumsrunde schilderten mehrere Vertreter*innen von Münchner Genossenschaften, unter ihnen Rut-Maria Gollan von wagnis, Markus Zimmermann von Stadtimpuls, Julius Klaffke von „Das große kleine Haus“, Lena Krahl von Progeno und Markus Sowa von der Kooperative Großstadt, die Auswirkungen des Förderstopps auf ihre Projekte. „Wir planen seit zwei Jahren, wir brauchen Verlässlichkeit von der Politik“, meinte Klaffke. „Wir sind eine junge Genossenschaft ohne Rücklagen und auf das Eigenkapital der Mitglieder angewiesen.“ Markus Sowa berichtete, dass die Koogro für ihr Projekt in Neufreimann mittlerweile eine knappe halbe Million Euro für Wettbewerb und Vorbereitungsmaßnahmen investiert habe. „Unsere Mitglieder haben auch mit dem KfW 134 gerechnet, die Streichung trifft uns mit voller Breitseite.“ Bei wagnis seien Mitglieder in allen Facetten betroffen, erläuterte Rut-Maria Gollan: angefangen von Mitgliedern in Neubauprojekten in Augsburg und Freising, über Haushalte, die gerade in das neue Projekt wagnisWEST einziehen wollen, bis hin zu Genoss*innen, die sich für eine Bestandswohnung bewerben. „Die Unsicherheit in den Förderstrukturen ist eine große Herausforderung. Genossenschaften leisten was für die Gesellschaft, die Unterstützung ist gerechtfertigt“, kommentierte die wagnis-Vorständin.

Ihre Unterstützung für den genossenschaftlichen Wohnungsbau machten die Stadträt*innen Anne Hübner (SPD), Paul Bickelbacher (Grüne), Fritz Roth (FDP) und Stefan Jagel (Linke) bei einer weiteren Diskussionsrunde deutlich. Bezahlbare Mieten, innovative Wohnprojekte, breite soziale Mischung, wichtiger Beitrag zum Wohnungsbau, Verantwortung übernehmen, Wohnraum der Spekulation entziehen, soziale Vermieter: diese Pluspunkte für genossenschaftlichen Wohnungsbau zählten die Diskussionsteilnehmer*innen auf. Einig waren sie sich darin, dass die breitgefächerte Genossenschaftslandschaft in München, die durch vielfältige Förderprogramme der Stadt unterstützt wird, nicht gefährdet werden darf. „Wir müssen die Genossenschaften in die Lage versetzen, dass sie weiter bauen können“, hob Anne Hübner hervor. Paul Bickelbacher verwies auf den Deutschen Städtetag als Ebene, über die man bundesweit Einfluss nehmen könne. Fritz Roth schlug vor, Bundestagsabgeordnete in Projekte vor Ort einzuladen, eine Anregung, die Christian Stupka gern aufnahm.

Eine Alternative zum KfW-Kredit stellte Dominik Kohlschütter von der GLS-Bank vor. In Anlehnung an Baufinanzierungskonditionen bietet die GLS-Bank Genossenschaftsmitgliedern einen Kredit bis zu 100.000 Euro mit einem Zins von 3,79 Prozent. Mehr Infos gibt es unter diesem Link:

https://www.presseportal.de/pm/64894/5672399

Fotos unten:

Foto links: die Podiumsrunde mit Vertreter*innen von Münchner Genossenschaften. Von rechts: Lena Krahl (Progeno), Rut-Maria Gollan (wagnis), Markus Sowa (Kooperative Großstadt), Markus Zimmermann (Stadtimpuls), Julius Klaffke (Das große kleine Haus) und Christian Stupka (GIMA)

Foto rechts: Christian Stupka (Mitte) moderierte die Runde mit Stadträt*innen, von rechts: Stefan Jagel (Linke), Anne Hübner (SPD), Paul Bickelbacher (Grüne) und Fritz Roth (FDP)

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